Sandro Botticelli. Jungfrau Maria Annunziata. Erzengel Gabriel
(1495-1498)
Die beiden Flügel eines nicht erhaltenen tragbaren Altars entstammen dem Pinsel eines weiteren großen Meisters der Frührenaissance: Sandro Botticelli. Sie ergeben eine stimmige ganzheitliche Komposition. Ein himmlischer Bote erscheint der Mutter Gottes und kündigt an, dass sie Gottes Sohn gebären wird. In den Händen hält er eine weiße Lilie, das Symbol der Keuschheit der Jungfrau Maria. Sandro Botticelli behandelt das freudigste Ereignis der biblischen Geschichte als dramatische Ankündigung des Opfers, das der Erlöser bringen wird, um die Sünden der Menschen auf sich zu nehmen. Maria nimmt die Kunde von Jesus Christus Geburt mit demütiger Fügsamkeit auf. Sie ist voll sanfter Trauer und kummervoller Ahnung von den bevorstehenden Leiden. Ein Schauer erfasst die von flehentlichem Mitleid durchdrungene Figur des Erzengels. Das Ungestüm der scharf gezogenen Linien im fliegenden Faltenwurf seines Gewandes, die Ausdruckskraft der unruhigen Strichführung sowie die angespannte, bleiche und kühle Farbgebung verstärken den dramatischen Charakter der Szene. Das Gemälde gehört zu Botticellis Spätwerk, das sich durch religiöse Exaltiertheit auszeichnet. Die tragische Weltanschauung, die sich der Künstler zu eigen gemacht hatte, fand ihre Bestätigung in den dramatischen Ereignissen im Leben seiner Heimatstadt Florenz. Der Maler wurde Zeuge der von dem Dominikanermönch Savonarola angeführten sozialen Proteste und dessen anschließender Hinrichtung. Der leidenschaftlicher Prediger hatte die gesamte Stadt in Aufruhr versetzt und dazu aufgerufen, wegen des nahenden Jüngsten Gerichtes auf Luxus und irdische Güter zu verzichten. Sandro Botticellis melancholische Bilder spiegeln die Stimmung dieser verworrenen Zeiten wider und markieren das Ende der Frührenaissance.
Kostenlose izi.TRAVEL-App herunterladen
Erstellen Sie Ihre eigenen Audio-Touren!
Die Verwendung des Systems und der mobilen Stadtführer-App ist kostenlos.
